Längere Krankheit – und dann Kündigung? Ohne betriebliches Eingliederungsmanagement rechtswidrig
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Ältere Arbeitnehmer sind nicht häufiger krank als Jüngere. Doch wenn Sie erkranken, sind die gesundheitlichen Einschläge oft heftiger und damit auch die Dauer des krankheitsbedingten Ausfalls länger.
Gerade für sie sind deshalb die bereits 2004 eingeführten, aber noch immer wenig bekannten Regeln zum gesundheitlichen Eingliederungsmanagement wichtig. Danach müssen Arbeitgeber für den Fall, dass Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, zusammen mit den Betroffenen prüfen, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst
überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement)
. Das regelt § 84 Abs. 2 SGB XI.
Unterbleibt ein solches Eingliederungsmanagement, dann ist eine krankheitsbedingte Kündigung rechtswidrig. Dies entschied das Arbeitsgericht Berlin am 16.10.2015 (Az. 28 Ca 9065/15) – und folgte damit durchaus den vorgezeichneten Linien des Bundesarbeitsgerichts.
Im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements kann beispielsweise eine stufenweise Wiedereingliederung genutzt werden. Denkbar sind aber auch technische Veränderungen am Arbeitsplatz, die die Belastung von Arbeitnehmern mindern. Unter www.rehadat-gutepraxis.de findet man zahlreiche Praxisbeispiele. So wurden in einem kleinen Betrieb Kanister bislang nach Abfüllung aus einer Maschine auf einer Palette auf dem Boden abgestellt – und mussten später beim Weitertransport wieder angehoben werden. Ein externer Dienstleister machte hier den einfachen Verbesserungsvorschlag, dass die Kanister auf derselben Höhe hinübergezogen werden und auf einen erhöhten Stapel von Paletten gestellt werden. Allein diese Maßnahme führte dazu, dass die Arm- und Rückenprobleme der in diesem Unternehmen tätigen Arbeitnehmer verringert wurden.
Zurück zum Urteil des Arbeitsgerichts Berlin: Hier ging es um einen Arbeitnehmer, der wegen einer Tumorerkrankung bereits länger als ein Jahr krankgeschrieben war und dann eine krankheitsbedingte Kündigung erhielt – ohne dass vorab ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt wurde. Deshalb befand das Arbeitsgericht nun die Kündigung des Betroffenen für rechtswidrig.
Die Regelungen zum betrieblichen Eingliederungsmanagement gelten für Betriebe aller Größenordnungen, auch für Kleinbetriebe. Es kommt auch nicht darauf an, ob es in dem Betrieb einen Betriebsrat gibt.